Viel zu früh – Nachruf Joe

Viel zu früh – Nachruf Joe

Joe_b&w_webDas Erste was ich von ihm sah war ein Lachen. Ein Lachen zwischen all den angespannten Gesichtern, als ginge es darum den Weltrekord zu brechen, als müsste man den eine Millionen Zuschauern wirklich etwas beweisen und als hätte man sich diese Situation nicht selbst ausgesucht. Es war der 20. September 2009 und Berlinmarathon. Ich traf Joe gemeinsam mit einigen anderen Roten Socken kurz vor dem Start für das obligatorische Bild – und Joe lachte.

Alle diejenigen, die Joe kennen lernen durften, schätzten seine zurückhaltende und zugleich einnehmende Art. Er war nicht der für die großen und lauten Töne, aber er war herzlich und mit seiner stets fröhlichen Art und seinem einnehmenden Kichern doch präsent. Als Läufer und eines der aktivsten Mitglieder der Roten Socken schreckte er vor keinem Lauf zurück.

Dabei war es gar nicht einfach, Seit an Seit mit Joe zu laufen – sein unkonventioneller Laufstil, der einem permanenten Intervalltraining glich, konnte einem ebenso den Nerv rauben, wie sein intensives Atmen. Bei den vielen Staffelveranstaltungen fiel das jedoch kaum ins Gewicht. Sein Laufstil mag unkonventionell gewesen sein, aber er war schnell.

Zwar hasste Joe Berge, klar, er kam aus dem flachen Teil Niedersachsens, trotzdem war er aber immer mit voller Begeisterung dabei, wenn die Roten Socken den Sächsischen Mt. Everest beim Treppenmarathon bestiegen oder den kompletten Rennsteig abliefen. Seine größten Sorgen beim Treppenmarathon waren nicht etwa die vielen Stufen, sondern die, von Chris und mir in einer Laufpause mal wieder mit einer Zigarette „erwischt“ zu werden. Beim zweiten und dritten Start in Radebeul hatten sich dann alle damit abgefunden und Joe versuchte erst gar nicht, die Zigarette zu verstecken.

Selbst im Urlaub konnte unsere Rote Socke nicht von seinem Hobby lassen. Doch es sollte nicht sein, dass Joe am Classic Race über 28 km des Reventón auf La Palma teilnimmt. Wenige Tage vor dem Start ereilte ihn ein schwerer Hirninfarkt, an dessen Folgen er am 09. April 2015 verstarb. Es ist für uns alle noch immer nicht vorstellbar, dass ausgerechnet Joe, der bei keinem Lauf aufgab und mit einer Mischung aus großem Ehrgeiz und unglaublicher Sturheit (was er sich in den Kopf gesetzt hatte, wurde zu Ende gebracht) diesen Kampf nicht gewinnen konnte.
Was bleibt, ist tiefe Trauer und der Schmerz, nicht nur einen exzellenten Läufer verloren zu haben, sondern viel mehr einen Freund und einen Menschen, den man einfach mögen musste. Er hatte noch so viel vor und wollte doch so gern Seniorenweltmeister der über 90-Jährigen werden. Denn Joe war sich sicher, er muss nur durchhalten, dann wird er eh nur noch der einzige Starter sein. Und wahrscheinlich hätten sein Gesicht dann noch breitere und tiefere Lachfalten gezeichnet, als es jetzt schon der Fall war, wann immer man ihn sah.

Wann immer der Schmerz über seinen mit 49 viel zu frühen Tod verflogen ist, wird Dankbarkeit in uns herrschen, einen solch wunderbaren Menschen gekannt zu haben. Wir werden in diesem Jahr jeden Kilometer in Gedenken an Joe laufen – er fehlt schon jetzt so sehr.
Am Ende des Tages unserer ersten Begegnung lief nicht nur Haile Gebrselassie als erster Mensch einen Marathon unter 2 Stunden und 4 Minuten, auch Joe lief seine persönliche Bestzeit. Seine 3:48:13h sind von den allermeisten Socken bis heute unerreicht.

Alex für den Vorstand des SV Rote Socken

—–
Die Roten Socken werden in diesem Jahr sowohl den Rennsteigstaffellauf als auch die Marathonstaffel auf dem Flugfeld Tempelhof nutzen um Spenden für die Deutsche Schlaganfallhilfe zu sammeln. Mehr dazu gibt es in Kürze auf rotesocken.de